Auszug aus dem Infoheft 2007
S. 60-61
Rufnamen und Hausnamen im
Allgemeinen - der Hausname
Trabold-Säckle" im Besonderen
erzählt an einem Beispiel aus Walldürn von Wendelin Böhrer
Rufnamen
Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts gaben sich die Menschen lediglich einen Rufnamen. Da damals auf dem Land nur wenige Menschen in kleinen und verstreuten Siedlungen lebten, war dieser eine Rufname auch völlig ausreichend, um den Träger des Namens eindeutig zu bestimmen.
Erst mit anwachsender Bevölkerungszahl, dem zunehmenden Handel, erhöhter Mobilität, der Entstehung größerer Ortschaften und Städte und nicht zuletzt durch die aufkommende Verwaltung von Staat und Kirche, wurde ein differenzierteres Namensystem nötig, um eine genaue Personendifferenzierung überhaupt möglich zu machen. Daher fügte man seit dm 12. Jahrhundert zu dem bestehenden Rufnamen einen Beinamen hinzu, der als Grundlage für den späteren Familiennahmen angesehen werden kann.
Die Familiennamen entstanden auf recht verschiedene Weise: aus Rufnamen, Berufsbezeichnungen, Herkunftsorten, Wohnstättenbezeichnungen und aus besonderen Eigenschaften, Wesensarten oder Gewohnheiten.
Hausnamen allgemein Trabold-Säckle" im Besonderen
Die Hausnamen verdanken einem ähnlichen Umstand ihre Entstehung wie die Familiennamen: in den anwachsenden Dörfern, die auf Grund ihrer räumlichen Abgeschlossenheit und geringen Mobilität wenig Neuzugänge und wenig Abgänge zu verzeichnen hatten, häuften sich die Personen mit den gleichen Ruf- und Familiennamen derart, dass eine weitere zusätzliche Charakterisierung notwendig wurde, um die Person eindeutig zu identifizieren. Diesem Umstand dürfte auch der Hausname Trabold-Säckle" seine Geburtsstunde zu verdanken haben, denn vor rund hundert Jahren gab es zahlreiche Namensträger Trabold, so auch heute noch im Jahre 2007.
Die Entstehungsgeschichte des Trabold-Säckle" wirft nicht nur ein charakterisierendes Bild auf die private Familiengeschichte der Dynastie Trabold, sie erhellt auch die damaligen Zeit- und Sozialgeschichte im Land zur Zeit des 1.Weltkrieges von 1914-19. Hildegard Mechler, Jahrgang 1935, ältestes Kind der Familie Wilhelm Trabold (* 3.10.1904, + 21.11.1972) und Ehefrau Maria geb. Mechler, berichtete die Geschichte, wie sie ihr Vater Wilhelm öfters erzählt hatte.
Es geschah wohl während des 1. Weltkrieges, als städtische Verwaltungsangestellte oder Polizisten im gesetzlichen Auftrag der Staatsregierung der Familie Trabold in der Bahnhofstraße einen überraschenden Besuch abstatteten zu einem Zeitpunkt, als Anna Trabold geb. Schmitt ( * 31.10.1888, + 4.4.1942 ), Mutter des Wilhelm Trabold und Ehefrau des Wilhelm Trabold (* 26.9.1860, + 1.3.1929), allein zu Hause war. Auch die Brüder ihres Mannes, die beiden Junggesellen Josef Alois (* 25.4.1859, + 18.4.1915) und Johann (* 24.10.1862, + 1.6.1927) befanden sich nicht im Hause.
Die städtischen Angestellten wollten wissen, ob sich im Haus Trabold besondere Wertgegenstände wie Gold oder andere Kostbarkeiten befänden, die bei der Stadt gemeldet und abgegeben werden müssten. (Der sich im Kriegszustand befindende Staat benötigte diese Wertgegenstände, um daraus kriegstaugliches Material" zu fabrizieren"). Frau Anna Trabold, eine gebürtige Hardheimerin, die nach ihrer Heirat zu ihrem Ehemann Wilhelm Trabold im Sommer 1902 nach Walldürn zog, wusste nichts von derlei Besitz. Daraufhin wünschten die beiden städtischen Besucher, sich im Hause und im Speicher der Trabolds umzuschauen, um möglicherweise doch so etwas Ähnliches wie die sprichwörtlichen Goldenen oder Silberne Löffel" zu finden. Anna Trabold gestattete natürlich dieses Begehren, weil sie wusste, dass ihr gar keine andere Wahl blieb und zum anderen, weil sie sich auch sicher war, niemals von solchen Kostbarkeiten irgendetwas vernommen zu haben.
Die zwei Stadtbeauftragten durchsuchten alles Verdächtige" und fanden lange nichts. Plötzlich entdeckten sie in einer hinteren Ecke eine alte, verstaubte und verschlossene Holztruhe. Was sich darin befände und wo der Schlüssel für diese Truhe sei, fragten die Fahndungsbeauftragten". Anna Trabold beteuerte, dass sie von nichts eine Ahnung hätte. Darauf riefen die beiden den Schlosser Lenz, gleichzeitig auch Schwanenwirt, zu Hilfe, der diese Truhe fachmännisch zu öffnen hatte. Sie fanden zunächst Bündel von Flecken und Stoffresten- und urplötzlich entdeckten sie einige Säckchen Goldtaler, gut mit Stoff- und Wollfetzen verpackt und umwickelt.
Baff, verblüfft, verdutzt, wort- und sprachlos standen alle vor der Truhe und dem Goldstückchen hütenden Säckle": Der Schlosser, die beiden städtischen Polizisten und nicht zuletzt Anna Trabold, die nichts Gesetzeswidriges ahnen konnte. Die Kunde vom verborgenen Gold im Trabold-Säckle" machte bald die Runde in der Stadt Walldürn. Der Hausname Säckle" war geboren. Doch woher dieser Familienname wirklich stammt, das weiß heute wohl niemand mehr in Walldürn.