|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
| Adolf Mai 1906-1916 |
|
|
Adolf Mai 1906-1916
|
|
Die Zwischenzeit (1903 - 1906)
|
In dem soeben angeführten Ortsbereisungsbericht vom 25. August 1904 wird als Walzenbachs Nachfolger (der dienstälteste) Hauptlehrer Zeitler genannt. Da dieser aber wegen seines schlechten Verhältnisses zu seiner Frau keinen ganz tadellosen Ruf genoss, dürfte er nur vorläufig mit der Stellvertretung betraut worden sein. Für ihn wurde auf den 1. August 1904 als zweiter Hauptlehrer Adolf Mai angewiesen. Der Ortsbereisungsbericht hebt an dem Neuangekommenen lobend hervor: „Ein junger Hauptlehrer, Mai, wie es scheint, intakter Charakter, gibt sich viele Mühe mit der Schule; er ist auch tüchtiger Organist." 1906 wurde Zeitler versetzt. An seine Stelle trat als zweiter Hauptlehrer Anton Doll. Adolf Mai rückte zum ersten Hauptlehrer oder Schulleiter auf.
|
Adolf Mais Familie
|
Während Mais Vorgänger von Franz Joseph Pfeiffer bis Maximilian Hartmann wohl aus Bauernhäusern stammten, war Adolf Mai ein Handwerkersohn. Er wurde am 18. August 1877 in Freudenberg geboren. Seine Eltern waren der dortige Bäckermeister Franz Mai und dessen Ehefrau Barbara, geborene Müssig. Sicherlich hat Mai eine seminaristische Ausbildung durchlaufen. Seine Frau dürfte er während seiner Unterlehrerzeit kennengelernt haben. Es war die 1833 geborene, evangelisch aufgewachsene Margaretha Anna Stöhr, Tochter des Bürgermeisters Nikolaus Stöhr von Hohensachsen (Bergstraße) und der Barbara geb. Ullmer. Aus der am 13. Mai 1902 geschlossenen Ehe gingen sieben Kinder hervor: Franz (1903), Paul (1904), Ruth (1905), Klaus (1906), Hedwig (1908), Herman (1909). Die zuletzt geborene Anna Maria war noch keine acht Wochen alt, als der Vater bei Kisidin in Rußland den Soldatentod starb.
|
|
Adolf Mai war ein vorzüglicher Lehrer und Erzieher. Viele der Älteren und Ältesten von uns sind bei ihm in die Schule gegangen. Der Chronist (Heimatforscher Heinrich Sauer) selbst wurde von ihm in die Anfänge des Lesens, Schreibens und Rechnens eingeführt. Durch Hinweis auf das Wandern der Schatten auf dem Dielenboden des Schulzimmers während des Nachmittagsunterrichts und entsprechende Kreidestriche vermittelte er uns erste Ahnungen vom gesetzmäßigen Verlauf der Sonnenbewegung und aller Vorgänge in dieser Welt.
Ein Probediktat ist dem Chronisten für immer im Gedächtnis geblieben. Mit dem Griffel war auf die damals unentbehrliche Schiefertafel der Satz zu schreiben: Die Gans hat weiße Federn. Bei der Benotung erhielt er die Note drei. Wahrscheinlich hatte er „weiße" ohne ß geschrieben und bei „Federn" das n weggelassen und sonst noch einen Fehler gemacht. Nach der Benotung hieß es den Ranzen packen und auf den Gang zwischen den Bänken heraustreten. Nun erfolgte die Neuverteilung der Plätze, je nachdem, wie die Note ausgefallen war. Der Chronist kam von der hintersten Bank sehr weit nach vorne. Lange mußte er verstohlen zurückschauen, bis er nach einem erneuten Diktat wieder nach hinten kam.
Die neue Lehrerfamilie hat sich in die Höpfinger Verhältnisse offenbar recht schnell gut eingelebt. Lehrerskinder und Dorfkinder verkehrten untereinander wie ihresgleichen. Es entstanden sogar Freundschaften. Besonders eng war der Chronist mit dem etwa gleichaltrigen Klaus verbunden. Was sie zusammenhielt, war der gemeinsame Zeitvertreib mit Schmetterlingen durch die Aufzucht von Raupen in einem eigens dazu gebauten Kasten und das Präparieren der geschlüpften Flügeltierchen zu schönen Schaustücken.
Der erste Hauptlehrer widmete sich in seiner Freizeit mit besonderem Eifer der damals allseits beliebten Hühnerzucht - man hielt schon rebhuhnfarbige Italiener und weiße Leghorn - und auf sein Betreiben entstand 1908 eine Eierabsatzgenossenschaft, deren Vorsitz er selbst übernahm.
|
Was den Schulbetrieb anbelangte, so wurde die Raumnot in dem 1834 erbauten Schulhaus von Jahr zu Jahr unerträglicher. Im Ortsbereisungsbericht von 1907 ist zu lesen: "Das jetzige Schulgebäude genügt den zu stellenden Anforderungen in vieler Hinsicht nicht. Die Räume für den Unterricht sind zu klein, zu niedrig, zum Teil zu dunkel. Das Unterlehrerzimmer hat eine Reihe von Mängeln. Dazu kommt das Anwachsen der Schülerzahl; es sind bei zwei Hauptlehrern und einem Unterlehrer 260 Schulkinder vorhanden; die Anstellung eines weiteren Lehrers und damit das Bedürfnis nach einem weiteren (= vierten) Schulzimmer wird in wenigen Jahren kommen müssen. Die Kreisschulvisitatur und der Bezirksarzt halten daher die baldige Erstellung eines neues Schulgebäudes für geboten. Der Gemeinderat erklärt sich jetzt für die Errichtung eines Neubaus, und zwar sollen in diesem vier Lehrsäle und die Lehrerwohnungen bereitgestellt werden, während im jetzigen Schulhaus Gewerbe-, Haushaltungs- und Industrieschule eingerichtet werden sollen."
|
Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren in jener Zeit, im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in unserem Dorf recht günstig. Aus dem Ortsbereisungsbericht von 1904 erfahren wir: Auch Einwohner, die keinen Grundbesitz hatten oder nur unzureichenden, fanden guten Verdienst in den drei großen Kalksteinbrüchen auf dem Leutschenberg und in der Eck (seit 1864) sowie in der Ziegelei von Kaiser und Böhrer, die nach anfänglichen Fehlschlägen (seit 1897) einen unerwarteten Aufschwung genommen hatte. Die Firmen Wimmel und Zeller auf dem Leutschenberg und die Kaisersteinbruchaktiongesellschaft in Köln, Zweigniederlassung Miltenberg in der Eck beschäftigten im Durchschnitt täglich 35 + 12 = 47 Arbeiter. Da die Erd- und Schuttarbeiten in diesen Steinbrüchen von jedermann ohne besondere Vorbildung und Übung vorgenommen werden konnten, arbeiteten die Landwirte in einer von Feldarbeiten freien Zeit öfters in denselben, wofür sie täglich 2,50 bis 3 Mark verdienten. Die sogenannten Steinstößer, die eigentlichen Steinbrecher, stellten sich auf 3,80 bis 4 Mark, während die Steinhauer, die sich zum größten Teil auch aus Höpfingen rekrutierten, es auf 5 bis 6 Mark brachten. Darüber hinaus beschäftigten Kaiser und Böhrer ständig etwa 30 Arbeiter. Im Jahre 1906 stieg der Absatz auf drei Millionen Ziegel. Viehbauern konnten sich einen ganz erklecklichen Nebenverdienst erwerben, indem sie Ziegelfuhren nach auswärts brachten. So kostete eine Fuhre Ziegel zu 1000 Stück nach Walldürn 5 Mark, nach Buchen 8 Mark, nach Tauberbischofsheim 10 Mark.
|
Der dritte Schulhausbau
|
|
Wenn auch im Verdienst einige Schwankungen eintraten, besonders nach dem missglückten Streikversuch, der das ganze weite Gebiet der Muschelkalksteinindustrie erfasst hatte, blieb die Stimmung im Dorf dennoch hoffnungsvoll und optimistisch. So nimmt es nicht wunder, wenn der Ortsbereisungsbericht vom 12. Februar 1914 - ein halbes Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges - mit sichtlicher Genugtuung darlegt: "Eine glückliche Lösung hat die Frage des Schulbaues gefunden. Nach langwierigen Verhandlungen zunächst wegen des Platzes und dann der Zeit und Art der Ausführung des Neubaus wurde vom Bürgerausschuss in der Sitzung vom 5. Dezember 1912 endgültig über die wichtige Angelegenheit Beschluss gefasst. Auf freier, lichter Höhe auf der nördlichen Seite der Landstraße in der Nähe der früheren Notkirche wird sich das neue Schulhaus erheben. Die Pläne wurden ausgefertigt von dem Bauunternehmer Bonn in Walldürn, welcher an dem ausgezeichneten Vorbild des von Professor Wernher (Karlsruhe) erstellten Walldürner Schulhauses viel gelernt hat, und fanden die Zustimmung sämtlicher mitsprechender Behörden; sie befriedigen auch in künstlerischer Hinsicht. Mit dem Bau wird im Frühjahr begonnen werden; es soll noch in diesem Jahr (1914) vollendet werden. Neben den sechs Sälen für die Volksschule werden die nötigen Räume für eine Kochschule und die gewerbliche Fortbildungsschule, ferner eine Wohnung für einen Hauptlehrer und den Unterlehrer geschaffen. Das Haus erhält Zentralheizung. Die Kosten belaufen sich nach dem Voranschlag auf 89 500 Mark." Die Handwerker waren noch mitten im Bauen, als am 1. August 1914 Trompetenstöße in den Dorfgassen erschallten und den Befehl zur allgemeinen Mobilmachung bekanntgaben.
|
|
|
|
|
|
|
|