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Baumarkt Hornbach

Was hat der Name Hornbach mit Höpfingen zu tun?

Eine ganze Menge, wie Sie folgendem Bericht aus der Chronik des Baumarktes Hornbach entnehmen können, denn Höpfingen darf sich als Wiege der Namensgebung für den Baumarkt "Hornbach" verstehen!

Der folgende Artikel stammt aus der Hand von Frau Dr. Ursula Dauth, die für die Firmengruppe Hornbach eine dicke Chronik mit dem Titel "Hornbach - Es gab immer viel zu tun" erstellt hat (2007 veröffentlicht) und wir im Jahre 2002 Ihren Beitrag über Höpfingen im Infoheft vorveröffentlich durften.

Doch lesen Sie selbst!



Das Hornbach Logo aus dem Jahre 2002 



Am Anfang war ein Bildstock

Ursprünge in Höpfingen (1519 – 1740)

Im Reich begann es zu gären. Der Mönch aus Wittenberg war voller Zorn: Als Martin Luther 1517 seine 95 Thesen veröffentlichte, sagte er damit dem Papst und allen hohen kirchlichen Würdenträgern den Kampf an. Es waren vor allem die Ablasspraktiken der Kirche, die Vorstellung, sich durch Geld von allen Sünden freikaufen zu können, die zu dieser zornigen Reaktion führten. Seine Thesen verbreiteten sich schnell. Ebenso schnell folgte die päpstliche Gegenreaktion mit der Anklage der Ketzerei, was Luther indes nicht davon abhielt, in Leipzig in einem theologischen Disput mit Johannes Eck, einem verbissenen Gegner der neuen reformatorischen Gedanken, erneut den Papst und dazu noch die Konzile für irrtumsfähig zu erklären. Der Nimbus der Unfehlbarkeit war gebrochen, die Auseinandersetzungen um den „wahren Glauben“ hatten eingesetzt.

Man schrieb nun das Jahr 1519, ein entscheidendes Jahr in der Geschichte jener Zeit. Kaiser Maximilian war im Januar gestorben, die Regelung seiner Nachfolge brachte zusätzliche, nunmehr politische Spannungen zwischen Deutschland und dem Papst. Er favorisierte Frankreichs König Franz I., in dessen Schloss Amboise im Mai jenes Jahres Leonardo da Vinci in seinen Diensten gestorben war. Die deutschen Kurfürsten aber entschieden sich für Maximilians Enkel und wählten im September in Frankfurt Karl zum Kaiser, der als Kaiser Karl V. nun behaupten konnte, Herrscher eines Reiches zu sein, „in dem die Sonne nicht untergeht“. Für Luther sollte diese Wahl zwei Jahre später beim Reichstag in Worms die Begegnung mit einem erbitterten Gegner der Reformation bedeuten.

In Höpfingen, einem Dorf zwischen dem Bauland und dem Odenwald, auf halbem Weg zwischen Würzburg und dem Wallfahrtsort Walldürn lebten die Bauern fernab von diesen großen Ereignissen. Auch ließen sie die aufkeimenden Spannungen des Glaubensstreits noch völlig unberührt, sie gingen ihrer harten Arbeit nach im Einklang mit ihrem Gottesglauben. Einer der Dorfbewohner wollte in diesem Jahr sogar ein äußeres Zeichen seiner Frömmigkeit setzen, möglicherweise seine Dankbarkeit für göttliche Hilfe oder die Erfüllung eines Gelübdes für alle sichtbar machen, indem er einen Bildstock errichtete. Auf dem Grund des „Königheimer Höflein“, einem Mainzer Hofgut, stellte er im „Billgarten“ - nicht weit entfernt davon stand im Mittelalter die Zehntscheuer, wo die Höpfinger dem Landesherrn den Zehnten abliefern mussten – eine vierkantige Säule aus rotem Sandstein auf, in deren Schaft unterhalb des Bildhäuschens er mit ungelenker Schrift seinen Namen und das Jahr eingrub: „Anno dm 1519 JOH hornbach“. Noch heute, nach über 480 Jahren steht der Bildstock auf diesem Grund als wohl ältester und für alle Besucher des Dorfes unübersehbarer Beleg für die Herkunft der Familie Hornbach aus dem Odenwälder Bauerndorf.



Der Bildstock von 1519 



Wenn man es genau nimmt, liegen die tiefsten Wurzeln aller Höpfinger Hornbachs in einem kleinen Dorf gleichen Namens wenige Kilometer nördlich von Walldürn. Von dort waren im Mittelalter Bauern nach Höpfingen hinübergewandert, wo die Fremden nun nach ihrer Herkunft benannt wurden: Hornbach hieß, wer von dort gekommen war.

Wie aber kam nun die Verbindung zur Pfalz ins Spiel? Hier begeben wir uns erneut auf das Terrain der großen und zwar der Kirchenpolitik. Mainz war seit dem Mittelalter die größte und mächtigste Kirchenprovinz mit dem Erzbistum Mainz als Zentrum, wo der Erzbischof – seines Zeichens auch Kurfürst – residierte. Ihm nachgeordnet waren mehrere Bistümer, darunter Speyer, Würzburg und Worms mit ihren gleichfalls sehr machtbewussten Fürstbischöfen. In der damaligen Zeit waren sie nun keineswegs lediglich kirchliche Potentaten, sondern hatten auch weltliche Herrschaftsbereiche, die sogenannten Hochstifte, in denen sie als Landesherren regierten.

Höpfingen gehörte seit dem Mittelalter zum Hochstift Würzburg. Allerdings kaufte Mainz schon 1294 dort erstmals Land und versuchte zunehmend seinen Besitz und damit seine unmittelbare Einflussmöglichkeit auszudehnen. Die Rivalität hatte begonnen, wenngleich Würzburg bei der Zahl seiner Güter den pfälzischen Rivalen immer übertrumpfte. Diese Besitztümer erhielten die Adligen von Hardheim schon im 13. Jahrhundert für ihre Verdienste als Lehen, mit der Konsequenz, dass bis zum Tod des letzten Hardheimers 1607 praktisch sie die Landesherren waren und die Höpfinger Untertanen an sie Zins und Gült, eine Grundrente in Naturalien, bezahlen mussten.

Freilich durften die Lehnsherren nicht den ganzen Tribut einstecken, ihr Anteil lag bei einem Drittel, während die Würzburger Herren zwei Drittel des Zehnten beanspruchten. Auch die Mitglieder der Hornbach-Sippe hatten, wie entsprechende Quellen aus der Zeit nach 1519 belegen, an die Hardheimer ihre Abgaben zu leisten. Dazu zählten Zins und Gült für Haus und Äcker sowie Leib- und Fastnachthühner, diese freilich nun nicht mehr als Naturalien: ein Fastnachthuhn war mit 10 Kreuzern, ein Sommerhuhn mit 4 Kreuzern taxiert.

Lebten Johannes Hornbach und die Höpfinger zu Beginn des Jahrhunderts ihren Glauben noch im Geiste der da noch allein seligmachenden Kirche aus, so führte Ritter Wolf von Hardheim als bekennender Protestant 1557 den reformierten Glauben ein. Er setzte einen evangelischen Pfarrer ein, und die Dorfbewohner nahmen die neuen Gedanken, die ihnen seitdem von der Kanzel verkündet wurden, bereitwillig auf. Ja sie widersetzten sich später sogar der Rekatholisierung ihres Dorfes, als nach dem Tod des letzten Hardheimers nun wieder der Fürstbischof von Würzburg die Landeshoheit ausübte bzw. von 1607 bis 1656 sogar mit dem Kurerzbischof von Mainz in einem sogenannten „Kondominat“ teilte. Mainz brachte die gemeinsame Regentschaft auch Geld in den Klingelbeutel, denn der bisherige Ein-Drittel-Anteil der Hardheimer floss nun in die schweren Geldtruhen des Erzbistums.

In dieser Epoche des beginnenden Barock lässt sich auch wieder der Faden zu dem heute in der Südpfalz ansässigen Zweig, der Unternehmer-Familie Hornbach, aufnehmen, der nun ohne abzureißen bis in das Jahr 2002 gesponnen werden kann.

Knapp hundert Jahre, nachdem sein Vorfahre und Namensvetter das „Bill im Billgarten“ errichtet hatte, kam um 1607 Johann Hornbach, der eigentliche Stammvater dieses Zweigs, auf die Welt. Tag und Monat sind nicht bekannt, es gibt wenig Quellen über jene Zeit, und die Kirchenbücher dienen erst ab 1680 als lückenlose Verzeichnisse. Johann war also ein etwa zehnjähriger Junge, als der verheerendste aller Kriege, der Dreißigjährige Krieg ausbrach.

Es wurde eine grauenvolle Zeit. Ab 1635 wütete die Pest in der Gegend, in den nur wenige Kilometer bzw. Meilen entfernten Orten Königheim und Buchen starben die Menschen wie die Fliegen. 1631 brachen die Schweden im Bauland und im Odenwald ein. Zwölf Häuser wurden in Höpfingen niedergebrannt, wer bei der Belagerung mit dem Leben davonkam, dem drohten Hungerstod und Seuchen. Knapp drei Jahre dauerte die schwedische Besatzung, sie endete mit ihrer Niederlage am 6. September 1634 in der Schlacht bei Nördlingen. Sieger waren die kaiserlichen Truppen, die Schweden zogen ab, der Kurerzbischof von Mainz und der Fürstbischof von Würzburg kehrten wieder in ihre Residenzen zurück. Sie hatten es nämlich nach dem Sieg des Schwedenkönigs Gustav Adolf über Graf von Tilly 1631 vorgezogen, auf dem schnellstem Weg nach Köln zu fliehen.

Wer von den immer wieder in der Ortsgeschichte auftauchenden Hornbachs nun sein Vater war, wann Johann heiratete und wie seine Frau Maria mit Nachnamen hieß, lässt sich aus den genannten Gründen nicht mehr feststellen. Es lässt sich nur rekonstruieren, dass die Heirat in den dreißiger Jahren stattgefunden haben muss, möglicherweise nach dem Abzug der Schweden, denn sein erstgeborener Sohn Nikolaus kam um 1638 auf die Welt.

Mit nur etwa einem Jahr Abstand zu seinem Bruder Nikolaus folgte Johann Martin. Noch zwei Kinder wurden in diesen schlimmen Kriegszeiten geboren: um 1644 der dritte Sohn Urban und am 18. Juni 1647, kurz vor Kriegsende die einzige Tochter Eva. Sie war gerade zwei Jahre alt, als der Vater mit nur 32 Jahren starb, sehr früh im Vergleich zu seinen Kindern und den Nachfahren der folgenden Generation. Möglicherweise hatten der Krieg oder seine Folgen diesen Tribut verlangt. Seine Frau überlebte ihn um beinahe dreißig Jahre. Ob er in den Krieg ziehen musste, lässt sich nicht mehr feststellen, sicher aber ist, dass Mitglieder der Hornbach-Sippe zumindest gemustert wurden. So verzeichnen Musterungsrollen von 1630 einen Verwandten, Urban Hornbach, der als „Musquetirer und Helbartirer mit Harnisch“ zu kämpfen hatte.

Als Johanns drittgeborener Sohn Urban um 1644 auf die Welt kam, waren die entsetzlichen Folgen dieses Krieges schon landauf, landab zu spüren: Etwa 50 Prozent der Landbevölkerung und 30 Prozent der Stadtbevölkerung waren umgekommen, entweder durch den Krieg selbst oder an den Folgen der Pest. Ganze Dörfer waren menschenleer, Landstriche völlig verödet. Auch Höpfingen war nicht davon verschont geblieben. Nach den Erbhuldigungsakten von 1607 lebten rund 400 Personen im Dorf. Im Jahr 1667, beinahe zwanzig Jahre nach dem Westfälischen Frieden von 1648, zählte man nur noch eine Einwohnerzahl von etwa 240 Bewohnern.

Es war an Weihnachten 1649, als Johann Hornbach starb „omnibus Ecclesiae sacramentis rite provisus – mit allen Sacramenten der Kirche versehen“, wie der Eintrag vom 24. Dezember im Kirchenbuch festhält. In Höpfingen gab es zu dieser Zeit keinen eigenen Pfarrer, der evangelische Pfarrer war nach dem Abzug der Schweden fortgejagt worden, das Dorf zwar wieder zum „alten Glauben“ zurückgekehrt, doch es musste sich mit dem wenige Kilometer entfernten Hardheim den Seelsorger teilen. So machte sich Magister Andrea Bechtoldt auf den Weg, um dem Sterbenden die Sterbesakramente zu erteilen.



Der Eintrag aus dem Gültbuch von 1700 



Dieser Joannes Hornbach - so schreiben die Kirchenbücher seinen Namen – muss im Dorf eine geachtete Person gewesen sein und wohl auch ein wichtiges Amt übernommen haben. Dies geht aus dem Kirchenbucheintrag der Heirat seines Sohnes Urban am 3. März 1666 hervor, wo es heißt: „Urbanus Hornbach, Joannis Hornbach Senatoris in Höpf. pie defuncti filio – Urbanus Hornbach, Sohn des gläubig verstorbenen Joannes Hornbach, Gemeinderat in Höpf.“ Die junge Ehefrau, Magdalene Fürst, kam ebenfalls aus einer angesehenen Familie, ihr Vater Wolfgang Fürst war „Praetor“, d.h. Schultheiß von Höpfingen, wobei in der damaligen Zeit ein Schultheiß – heute würde man sagen Bürgermeister – das besondere Vertrauen des Fürstbischofs genoss und nicht gewählt, sondern mit Amt und Würden betraut wurde.

Urban Hornbach war selbst ganz offensichtlich für die Gemeinde aktiv, So bezeichnet ihn ein Familien-Dokument als „Duodeciemviri – Zwölfmännerrat“. Er scheint überhaupt ein dem Leben ausgesprochen zugewandter Mensch gewesen zu sein: Als er am 24. März 1705 im Alter von 61 Jahren starb, hatte er zwei Ehefrauen überlebt, war zum dritten Mal verheiratet und hatte zehn Kinder in die Welt gesetzt !

Uns interessiert das drittgeborene Kind, Adam Hornbach. Als er am 18. Januar 1672 auf die Welt kam, hatte er einen dreijährigen Bruder und eine fünfjährige Schwester. Seine Mutter starb schon drei Jahre nach seiner Geburt mit nur 30 Jahren, und so war es zwingend notwendig, dass sein Vater schnell wieder heiratete. Nun, das hat er auch zweifellos getan, denn nur fünf Monate nach dem Tod seiner ersten Frau war er schon wieder verheiratet. Mit dieser Frau hatte er sechs Kinder, und auch sie wurde wohl das Opfer von sechs rasch auf einander folgenden Schwangerschaften und Geburten.

Der Eintrag ihres Todes fehlt im Kirchenbuch. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn bei der Führung des Kirchenbuches ging es ab 1690 drunter und drüber, wechselten drei Pfarrer innerhalb eines einzigen Jahres. Belegt ist die Geburt von Urbans neuntem Kind namens Johann im Februar 1691, und da er am 28. Mai seine dritte Frau Renata Agatha, eine Witwe mit sechs Kindern heiratete, muss wohl Johanns Mutter bei der Geburt oder im Kindbett gestorben sein. Urbans zehntes Kind wurde als Nachzügler fünf Jahre später geboren.

Adam Hornbach war mittlerweile ein junger Mann von knapp zwanzig Jahren. Möglicherweise hatte er schon seine Braut gefunden, jedenfalls entdecken wir am 22. Januar 1704 im Kirchenbuch folgenden Heiratseintrag: „Getraut sind der ehrliche Jüngling Adam Hornbach, ehelicher Sohn des Zwölfmännerrats Urban Hornbach und seiner Ehefrau Magdalena und die sittsame Jungfrau Margaretha,, eheliche Tochter des Georg Seuffert und seiner Ehefrau Margaretha. Trauzeugen waren Urban Hornbach und Georg Seuffert, beide Einwohner in Höpfingen.“

Es kamen in für damalige Verhältnisse großzügigen Zeitabständen eine Tochter und drei Söhne auf die Welt. Der jüngste von ihnen war Ägidius (oder Egid). Im Kirchenbuch steht am 31. August 1715: „Baptizatus est Aegidius, Adami Hornbach et Margaretha filius - Aegidius Hornbach, Sohn von Adam Hornbach und Frau Margarete ist getauft worden“.



Kirchenbucheinträge und der Heilige Ägidius 



Damit sind wir nun bei jenem Hornbach angelangt, der Höpfingen verlassen würde, um sich auf der linken Rheinseite in einem pfälzischen Dorf, in Venningen in der Nähe Landaus niederzulassen. Er ist damit das Bindeglied zwischen den Ursprüngen der Familie am östlichen Rand des Odenwaldes und den Anfängen in der Pfalz, im Hochstift Speyer, nun am östlichen Rand des Pfälzer Waldes.

Was konnte einen knapp dreißig Jahre jungen Mann dazu bewegen, sein Dorf und seine Familie zu verlassen, um sich weit fort von ihnen eine neue Existenz aufzubauen? Gesicherte Aussagen oder Dokumente, die diese Entscheidung erklärten, gibt es nicht. Es gibt aber eine Reihe von Motiven, die ihn dazu veranlasst haben könnten.

Ägidius Hornbach war in einem Alter, in dem man eine Familie gründen würde. Es war aber möglicherweise fraglich, ob er deren Existenz in seinem Heimatdorf sichern könnte, zumal mit der Landwirtschaft. In Höpfingen herrschte die Erbsitte der Realteilung. Während beim Anerbenrecht nur ein Kind – in der Regel der älteste Sohn – den Hof erhielt, wurden bei der Realteilung Hof und Besitz an alle Kinder vererbt. Das hatte zur Folge, dass der Besitz stark zersplittert wurde, hatten viele Kinder Anspruch auf das Erbe. Aus großen Höfen entstanden dadurch viele kleine, und es wurde zunehmend schwieriger, von der Landwirtschaft alleine zu leben.

Soundso war die Arbeit auf den Feldern in dieser Gegend mit ihrem rauen Klima eine rechte Knochenarbeit, bescherten die kargen Böden des Odenwalds den Bauern keine üppigen Erträge. Nur anspruchslose Pflanzen und Getreidearten wie Flachs und Dinkel konnten hier überhaupt gut gedeihen. Hauptnahrungsmittel war damit zunächst der Grünkern, der aus dem unreifen Dinkel durch das „Darren“ ein genießbares Nahrungsmittel machte. Etwa in der Zeit, als Ägidius sein Dorf Richtung Westen verließ, war aus eben dieser Gegend, der Pfalz, die Kartoffel in den Odenwald gebracht worden und begann sich dort auszubreiten. Möglicherweise kam ja mit dieser neuen ungewöhnlichen Knolle auch die Kunde von milderem Klima und fruchtbareren Böden in der Rheinebene in Höpfingen an, ein Grund mehr für einen jungen „Ackersmann“, dort sein Glück zu versuchen.

Denkbar ist allerdings auch, dass dabei auch noch die hohe Politik im Spiel war. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts prägten über drei Generationen hinweg Bischöfe aus dem Geschlecht der Reichsgrafen von Schönborn das Leben in der größten deutschen Kirchenprovinz. In den vierziger Jahren, als sich Ägidius auf den Weg machte, regierten vier Schönborn-Brüder gleichzeitig: in Speyer, Konstanz, Worms, Würzburg und Bamberg. In einer Zeit, in der sich das Ansehen eines Staates auch nach der Bevölkerungszahl richtete, machten die bischöflichen Landesherren in ihren Hochstiften auch rege Siedlungspolitik.

Dies geschah nicht nur in Würzburg, auch in der Pfalz war dies zwingend notwendig. Dreißigjähriger Krieg, Pfälzischer Erbfolgekrieg, Spanischer Erbfolgekrieg, Polnischer Erbfolgekrieg: Die Pfalz war immer wieder Auf- und Durchmarschgebiet gewesen und regelmäßig zerstört, verwüstet, verbrannt, geplündert worden. Hier sei nur an den großen Brand von 1689 erinnert, als Heidelberg, Speyer, Mannheim, Worms und unzählige weitere Orte der Pfalz lichterloh brannten. Das Heidelberger Schloss trägt noch heute die Spuren des alles verheerenden Feuers. Es ist kein Wunder, dass ab Ende des 17. Jahrhunderts die ersten Pfälzer nach Amerika auswanderten und darauf regelmäßig neue Auswanderungswellen folgten.

So wie nun Menschen fortgingen, kamen wiederum neue Siedler in diesen Landstrich. Steuervergünstigungen, Gewerbe– und Religionsfreiheit hießen die Verlockungen. Auch Damian Hugo Philipp von Schönborn, Fürstbischof von Speyer und damit Herr über das zum Hochstift gehörende Venningen, war daran gelegen, wieder Menschen in den verlassenen oder kaum noch bewohnten Dörfern anzusiedeln. Möglicherweise waren seine Werber mit ihren „Patenten“, auf denen die Bedingungen der Ansiedlung standen, auch bis nach Höpfingen im Würzburger Hochstift des älteren Schönborn-Bruders vorgedrungen und dort auf auswanderungswillige Menschen gestoßen. Ägidius Hornbach jedenfalls machte sich auf den Weg. Wann genau er aufbrach, wie lange er unterwegs war – das alles liegt im Dunkeln. Eines ist jedoch sicher: Anfang der vierziger Jahre erreichte er Venningen, heiratete eine junge Frau aus dem Dorf, worauf 1743 sein erster Sohn Mathes auf die Welt kam.